Warme Temperaturen auf der Haut, die Sonne brennt, Sonnencreme ist Pflicht, um nicht, wie all die Kanadier, krebsrot nach Hause zu fliegen. Vom Meer her weht eine Brise – wir befinden uns am Ende des Aprils, also kurz vor Beginn der Hurrikan-Saison; dennoch traumhaftes Wetter zurzeit. Alte Autos, wahrscheinlich älter als ich, brettern über die Straßen – manche rostend und mit überlackierten Flecken auf der Karosserie, andere blankpoliert und chromglänzend mit dicken, komfortablen Polstern und bunten Armaturen. Sie überholen eine Pferdekutsche oder einen Karren, der hier genauso selbstverständlich die rechte Spur (oder manchmal auch die linke) nutzt, wie all die Oldtimer, neuen asiatischen Autos oder gar die großen Busse.
An einer kleinen Straßenecke im verschlafenen Trinidad sitzen strohhutbedeckte Kubaner, wie für’s Foto mit einer Zigarre zwischen den Zähnen. An der Bushaltestelle singt und spielt ein Gitarrist die typischen kubanischen Rhythmen und verdient sich so seinen Lebensunterhalt. An anderer Stelle spielt eine ganze Band lautstark die Klänge des berühmten Buena Vista Social Clubs. Überall schnattert es, die Kubaner lieben fröhliches Beisammensein. Irgendwo klirren Gläser – wahrscheinlich mit dem sogenannten „Vitamin R“ oder auch „Medizin“, wie unser Reiseleiter es uns beigebracht hat. Rum wird hier wirklich täglich verzehrt – es geht wohl nichts drüber.
Aber schon Hemingway war von den rumhaltigen Getränken begeistert und so hängten wir uns an seine Fersen.
Im schönen Havanna schauen wir uns an allerlei Ecken um, entdecken Hemingways Residenz, Hemingways Lieblingsbars „La Floridita“ und „La Bodeguita del Medio“ und eine erstaunliche Bandbreite an Architektur und Bauzustand: von Plattenbauten oder anderer sozialistischer Architektur in den Außenbezirken bis hin zu kolonialen, renovierten Schönheiten – direkt neben verfallenen, von üppigem Grün überwucherten ehemaligen Wohnhäusern; wegen der mangelnden Statik darf hier keiner mehr wohnen. Die großen, grünen, zentralen Plätze haben Parkcharakter – außer der Platz der Revolution in Havanna, hier herrscht karge Sozialismus-Architektur vor. Städte wie Trinidad und Cienfuegos sind hingegen besonders schön, ist hier die „Playa Mayor“ doch gesäumt von kolonialen Gebäuden, die in satten Farben glänzen und mitnichten an den teilweise morbiden Charme Havannas erinnern.
Unsere Reise führt uns ins scheinbar immergrüne, von Kalksteinfelsen gespickte Viñales-Tal, in dem der berühmte kubanische Tabak angebaut wird. Hier besuchen wir einen Tabakbauern, der mit verdächtig glänzenden Augen seine Zigarren zu erstaunlich günstigen Preisen anbietet – da können wir nicht widerstehen und kaufen.
Ein weiteres Highlight ist Cayo Santa Maria, eine vorgelagerte Insel, die vor ca. 20 Jahren extra für Touristen erschlossen wurde und die daher kein Kubaner kennt, der nicht dort arbeitet. Hier ist der Sand so feinkörnig, dass er durch die Liege rieselt, das Meer so türkis, wie ich es noch nirgendwo anders gesehen habe und die Korallen bunt. Kleine, inhabergeführte Hotels sucht man hier vergebens, es gibt die üblich großen AI-Hotels und viele Kanadier machen hier Wohlfühlurlaub – und dennoch: für 1 bis 2 Tage ein sehr lohnenswertes Ziel.
Zurück zu den Wahrzeichen Kubas: in Santa Clara besuchen wir das Mausoleum von Che Guevara, seit 1997 beherbergt es die Gebeine des großen Revolutionärs. Man muss aufpassen, dass man an seinem Grab nicht vorbeiläuft, ist es doch fast genauso schlicht, aber schön gehalten wie das all der anderen Revolutionskämpfer, die hier ihren Platz gefunden haben. Das angrenzende Museum ist klein, aber sehr beeindruckend.
Auf dem Platz der Revolution in Havanna sah man sich ihm und Camilo Cienfuegos gegenüber. Beide Antlitze in übergroß an den Häuserfassaden der Ministerien für Information und Inneres.
Übrigens hält Fidel Castro zu unserer Reisezeit seine legendäre (vermutlich Abschieds-) Rede zum Abschluss des Kongresses der Kommunistischen Partei in Havanna.
Der Personenkult, der auf Kuba um all die Revolutionskämpfer herrscht, ist wirklich beeindruckend.
Wirklich beeindruckend ist aber generell die gesamte Insel: eine unglaubliche Vielfalt an Landschaftsformen, fröhliche, genügsame Menschen voller Erfindergeist und Liebe zu ihrem Land sowie beeindruckende, facettenreiche Architektur. Gutes Wetter, leckere Cocktails und die unglaublich weißen Traumstrände tun ihr Übriges, um dem Urlauber das Bild vom Paradies zu bestätigen.
Dennoch muss man, gerade zur jetzigen Zeit, in der Kuba einen unglaublichen Boom erlebt, meiner Meinung nach eine gute Portion Verständnis für die Verhältnisse auf Kuba mitbringen: Dinge dauern länger, manches geht schief, es muss Ersatz besorgt werden, und an die kubanische Gelassenheit muss sich der fleißige Europäer erst einmal gewöhnen. Aber dadurch wird das Programm u.U. auch um einige Attraktionen reicher, wie in unserem Fall einen salsatanzenden Diego Maradona in der Hotellobby, der seine kurähnlichen Aufenthalte auf Kuba verbringt und dem es damit ganz offensichtlich ziemlich gut geht.
Wenn man aber all das und ein wenig Flexibilität sowie Optimismus mit auf die Insel bringt, kann man einen tollen, erlebnisreichen Urlaub verbringen und wird Kuba wirklich verstehen lernen!
In diesem Sinne: ¡Hasta luego, Kuba!